Apokalypse

„This water gives fertility to the earth and enables the inhabits to cultivate rice and fruits. This town has been and still is the principal town of the whole kingdom and is the residence of the kings. The circumference of the town is more than two miles and besides the palace of the king the town is adorned with 350 to 400 temples which are very well built with many towers and pyramids, of which almost every one is gilded.“

(Vliet, Siam, 8)

Ayutthaya - Wat Yai Chai Mongkon

Wat Yai Chai Mongkon – Ayutthaya

Ayutthaya brennt. Seit mehr als einem Jahr wird die Stadt vom birmanischen Heer belagert. Von Nordwesten kommend, waren die Truppen Birmas bis an die Mauern der Hauptstadt gelangt. Es ist der Versuch einer gezielten Auslöschung eines Reiches, welches in europäischen Quellen als Siam und in asiatischen Quellen als Ayutthaya bezeichnet wird. Im April 1767 wird die Hauptstadt schließlich vom Besatzungsheer gestürmt und vollständig zerstört. Tausende Einwohner werden getötet, vom König Ekathat (auch Suriyamarin bzw. Borommaracha V. genannt) verliert sich nach der Eroberung der Stadt jegliche Spur. Ayutthaya, die Unbesiegte, die zuvor von europäischen Gesandten noch als eine der prächtigsten Städte der Welt geschildert wurde, ist nach 400 Jahren als Reichshauptstadt gefallen. Ohne Zentrum beginnt sich das Königreich aufzulösen, Anarchie greift um sich. Es ist die Geschichte des Krieges.

Flucht und Neuanfang

Ayutthaya - Wat Yai Chai Mongkon

Wat Yai Chai Mongkon

Doch dann kommt Taksin, der Phönix. Er ist – wie es Volker Grabowsky formulierte – der berühmte „subjektive Faktor“, die Schlüsselperson der Geschichte (Grabowsky, Geschichte Thailands, 60). Der Sohn eines Chinesen und einer Siamesin, der neben Thai auch fließend Chinesisch und Vietnamesisch spricht, machte bereits in jungen Jahren eine rasche Karriere am Hof, wurde zum persönlichen Diener des Königs und schließlich zum Gouverneur der Provinz Tak.

Im Chaos der letzten Kriegsmonate gelingt es Taksin und einem kleinen Gefolge von 500 Mann die Belagerung von Ayutthaya zu durchbrechen. Er und seine Männer fliehen nach Chanthabouri, einer Küstenprovinz im Südosten des Landes, die noch weitgehend vom Krieg verschont geblieben ist. Taksin nutzt ein kleines Zeitfenster, in welchem die Birmanen aufgrund eines chinesischen Angriffs ihre Armee im Nordosten einsetzen müssen. Nach der Einnahme von Chanthabouri hebt er dort neue Truppen aus. Bereits im November 1767 kehrt Taksin mit seinem Gefolge nach Ayutthaya zurück und besiegt die dort zurückgelassene birmanische Garnison (Grabowsky, Geschichte Thailands, 98ff).

Die Geschichte liest sich wie ein spannender Krimi, wenn auch der Glanz des Sieges in Ayutthaya schwer zu bewerten ist. Während historische Quellen aus Thailand von einem großen Sieg sprechen, wird das Ereignis in birmanischen Chroniken nicht einmal erwähnt. Vieles spricht dafür, dass die birmanischen Herrscher nur kleine Garnisonen in Siam zurückgelassen hatten, da Ende 1767 die Priorität bereits im Kampf gegen China lag (Wyatt, Thailand, 122f).

Ayutthaya – Wat Phra Sin Sanphet

Wat Phra Sin Sanphet – Ayutthaya

Doch Ayutthaya, die alte Hauptstadt ist zerstört. Ihre Lage nahe dem Einflussgebiet des birmanischen Reiches scheint nach wie vor zu unsicher. Taksin errichtet daher seine neue Hauptstadt südlich von Ayutthaya am Westufer des Flusses Chao-Phraya. Vor der Rückeroberung Ayutthayas war er den Chao-Phraya flussaufwärts gesegelt und hatte an dieser Stelle das im Westen des heutigen Bangkok gelegene Thonburi erobert (Damrong, Wars, 401f). Dort soll er der Legende nach mit seiner Flotte im Morgengrauen beim Tempel Wat Arun – dem Tempel der Morgenröte – gelandet sein und damit den Grundstein zu seinem Palast und somit zur neuen Hauptstadt Thonburi gelegt haben. Hier lässt er sich wenig später auch zum König von Thonburi ausrufen. Das direkt gegenüber auf der anderen Flussseite gelegene Bangkok ist zu dieser Zeit noch ein Handelshafen, eine Siedlung die vorwiegend von chinesischen Händlern bewohnt wird.

Phönix

Ayutthaya – Wat Phra Sin Sanphet

Wat Phra Sin Sanphet – Ayutthaya

Taksins wahre Stärke zeigt sich in den folgenden Jahren. Schritt für Schritt gelingt es ihm die Gebiete des ehemaligen Königreiches Ayutthaya wieder zu einen und in zahlreichen Feldzügen dehnt er seine Herrschaft bis weit in den Osten in die Gebiete des heutigen Laos und Kambodscha aus. Binnen kürzester Zeit erwächst Birma mit dem neuen Königreich Thonburi ein starker neuer Konkurrent im Süden. Neuerliche Angriffe im Siamesisch-Birmanischen Krieg von 1772-1776 können von Taksin und seinen Feldherren erfolgreich abgewehrt werden. Stück für Stück geraten auch die Provinzen im Nordwesten wieder unter siamesische Oberhoheit. Einer der erfolgreichsten Heerführer dieser Zeit ist der aus Ayutthaya stammende Thong Duang, welcher nach seinem Ehrentitel auch als Chao Phraya Chakri bezeichnet wird. Gemeinsam mit seinem Bruder führt er die erfolgreichen Feldzüge im Osten Siams.

Der aus bürgerlichen Verhältnissen stammende Taksin umgeht geschickt althergebrachte Herrschaftsstrukturen und stützt sich in erster Linie auf die klügsten Köpfe seiner Zeit. Auch auf die Unterstützung der einflussreichen chinesischen Minderheit im Lande kann Taksin zählen. Diese ist vor allem im Handel tätig und stellt daher einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor dar. Mit zahlreichen Reformen versucht er die durch den Krieg wirtschaftlich, politisch und sozial geschwächten Provinzen wieder zu stärken. Weite Teile im Norden des Landes sind entvölkert, tausende Flüchtlinge müssen versorgt werden und Hungersnöte und Korruption sind an der Tagesordnung. Er reformiert die Mönchsorden, kauft mit öffentlichen Geldern Lebensmittel und zwingt per Dekret sogar hohe Regierungsbeamte brachliegende Felder zu bearbeiten. Gegen Korruption in seinem Gefolge geht der König gnadenlos vor.

Wat Arun - Thonburi (Bangkok)

Wat Arun – Thonburi (Bangkok)

Doch die Stimmung wendet sich langsam gegen den König. Ihm werden seltsame Verhaltens-änderungen zugeschrieben, die man am ehesten mit dem Cäsarenwahn im alten Rom vergleichen könnte.

Fortsetzung – Taksin der Fall…

Literatur:

  • Dèmission et massacre de Phaja Tak, Journal de M. Descourvières, Dec.21, 1782. In: Launay, Adrien, Histoire de la Mission de Siam, 1662-1811, Bd. 2, 1920. Zitiert nach: http://gallica.bnf.fr
  • Harvey, G. E., History of Burma: From the Earliest Times to 10 March 1824, London 1925.
  • Grabowsky, Volker, Kleine Geschichte Thailands, München 2010.
  • Rajanubhab, Damrong, Rueang thai rop phama khrang krung kao, 1917. Englische Ausgabe: Our Wars with the Burmese. Thai-Burmese conflict 1539-1767, Übers. u. ed. Chris Baker, Bangkok 2001.
  • Sichalalai, Prida, The last year of King Taksin the Great. In: Arts & Culture Magazine, 3/2, Dezember 1982.
  • Stransky, Jiri, Die Wiedervereinigung Thailands unter Taksin, 1767-1782. In: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft fur Natur- und Volkerkunde Ostasiens, Bd. 56, Tokio 1973.
  • Terwiel, B. J., Thailand’s Political History. From the Fall of Ayutthaya in 1767 to Recent Times, Bangkok 2005.
  • The Abridged Royal Chronicle of Ayudhya of Prince Paramanuchitchinorot, ed. und übers. von David K. Wyatt, Journal of the Siam Society 61, 1973, S. 25-50. Zitiert nach: Siamese Heritage http://www.siamese-heritage.org
  • The Royal Chronicles of Ayutthaya – A Synoptic Translation, übers. von Richard D. Cushman, ed. David K. Wyatt, Bangkok 2000.
  • Trakulhun, Sven: Siam und Europa. Das Königreich Ayutthaya in westlichen Berichten 1500–1670, Laatzen 2006.
  • Vliet, Jeremias van, Description of the Kingdom of Siam, übersetzt von L.F. van Ravenswaay,. In: Journal of the Siam Society, Jg. 7, 1910, S. 1-105.
  • Wyatt, David K.: Thailand, A Short History, 2. Auflage, Yale 2003.

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