Die wunderschönen Oldtimer der 1950er Jahre sind aus kubanischen Tourismusprospekten nicht mehr wegzudenken und tatsächlich begegnen einem die Yank Tanks bzw. Máquinas an jeder Straßenecke. Zumeist liebevoll restauriert, manchmal auch nur mit dem Notwendigsten zusammengeflickt, vermitteln sie vor den verfallenden aber noch immer prachtvollen Kolonialbauten Havannas den Eindruck, als ob man soeben eine Zeitreise angetreten hätte.

Die Geschichte der Yank Tanks beginnt in den 1930er Jahren, als Kuba bei amerikanischen Touristen immer populärer zu werden begann. Zahlreiche Luxushotels und Casinos von Varadero bis Havanna wurden errichtet. Havanna, die damals reichste und schönste Stadt Lateinamerikas, die Architektur aus allen Jahrhunderten der spanischen Kolonialzeit vorzuweisen hatte, wurde zum Paradies für US-amerikanische Anleger, Hotelbetreiber, Hollywoodstars und berühmten Mafiagrößen von Meyer Lansky bis Lucky Luciano. Während des „Honeymoon“, der wirtschaftlich erfolgreichen Zeit Lateinamerikas rund um den 2. Weltkrieg, kam es zu einer engen Anbindung Kubas an die USA und der Import amerikanischer Autos boomte. Vom Chevrolet Bel Air bis zum Ford Zodiac wurden alle gängigen Modelle der Zeit nach Kuba importiert.

Doch die politische Landschaft hinter der schönen touristischen Fassade war seit den 1920er Jahren geprägt von zahlreichen politischen und gesellschaftlichen Krisen. Seit dem „Aufstand der Offiziere“ gegen die Machado-Diktatur im Jahr 1933 geriet die kubanische Innenpolitik immer mehr in den Einflussbereich eines gewissen Sergeant Fulgencio Batista Zaldívar. Marionettenpräsidenten von Batistas Gnaden wechselten sich in schneller Folge ab, bis Batista 1940 selbst die Macht übernahm. Zwar wurde er 1944 auf demokratischem Wege abgewählt, doch bereits 1948 betrat er wieder die politische Bühne mit der Kandidatur um einen Senatorensitz. Als sein großer Gegenspieler Carlos Prio von der Partei der „Auténticos“ immer mehr in das Zentrum von Korruptionsaffären geriet, nutzte er 1952 die Unzufriedenheit der Armeeoffiziere mit der Politik und putsche noch vor den fürs selbe Jahr anberaumten Wahlen. Mit dem Militärputsch kam er auch den aufstrebenden und gegen die die kubanische Politik lähmende Korruption kämpfenden „Ortodoxos“ zuvor. Die Partei, welcher auch der junge Rechtsanwalt Fidel Castro angehörte, hätte die Wahlen dieses Jahres vermutlich deutlich gewonnen.

Straßenszene HavannaWar der Putsch zu Beginn von vielen Kubanern befürwortet worden, wandelte sich Batista in den folgenden Jahren immer mehr zum grausamen Diktator. Noch 1940 war er für eine der fortschrittlichsten Verfassungen Lateinamerikas, die viele soziale Reformen enthielt, mitverantwortlich gewesen, doch nun wandte er sich weitgehend von früheren Weggefährten ab. So ließ er nicht nur die Parteien seiner Gegner zerschlagen, sondern veranlasste auch ein Verbot seiner eigenen Partei. Battista überzog das Land mit einer Terrorwelle. Zahlreiche Menschen wurden während dieser Zeit gefoltert und ermordet. Die US-amerikanische Mafia, welche bereits in den 1940er Jahren in vielen Bereichen der kubanischen Wirtschaft und Politik mitmischte, fand in Battista einen willkommenen Helfer. Glücksspiel, Drogenhandel, Prostitution und Korruption erreichten nie dagewesene Ausmaße. Weite Teile des kubanischen Großgrundbesitzes landeten in den Händen amerikanischer Investoren. So wird das Kuba dieser Zeit in manchen Quellen auch als „Mafiastaat“ bzw. als „Bordell der USA“ bezeichnet. (siehe: Arte Doku, Das Mafia Paradies). Noch 1957 errichtete Meyer Lansky, der mächtigste Mafiaboss auf Kuba, das berühmte Hotel Riviera in Havanna und plante weitere 50 Casino-Hotels auf der Insel. Havanna wurde zu einer Metropole des internationalen Jetset.

Doch zu diesem Zeitpunkt hatte die Revolution im Osten Kubas bereits begonnen, denn am 2. Dezember 1956 waren Fidel Castro und Ernesto Guevara mit der Yacht „Granma“ und 80 Gefolgsleuten aus dem mexikanischen Exil nach Kuba zurückgekehrt. Die Landung der Granma auf Kuba, die unter schwerem Beschuss der Batista Truppen stattfand, leitete das Ende der Diktatur Batistas ein. Zwar konnte sich nur ein Dutzend von Castros Leuten in die Sierra Maestra durchschlagen, doch dort formierte sich langsam der erfolgreiche Widerstand. Nach mehreren Jahren des Guerillakampfes übernahm Castros „Bewegung des 26. Juli“ schließlich 1959 die Macht.

Chevrolet Bel Air 1956Castro hätte sich damals wohl nicht träumen lassen, dass gerade das Statussymbol der Vereinigten Staaten ein halbes Jahrhundert später noch immer die kubanischen Straßen prägen würde. Das auf die Revolution folgende Handelsembargo der USA ließ Autos zum unerschwinglichen Luxusgut werden. Ihr Import wurde zum staatlichen Monopol. Alle neuen Fahrzeuge blieben staatliches Eigentum, deren Kauf, Verkauf und Vererbung untersagt war. Ausgenommen von dieser Regel waren nur bereits vor der Revolution erworbene Kraftfahrzeuge, welche in Familienbesitz bleiben durften.

Für das kubanische Volk galt es daher, jeden noch so alten Dodge, Buick oder Chevrolet aus der Zeit vor der Revolution zu erhalten. Neben den legendären Straßenkreuzern der 1950er Jahre sind aber auch einige aus den „sozialistischen Brüderländern“ importierte und liebevoll restaurierte Ladas zu finden. Im Laufe der Zeit wurden die meisten Benzinautos aus Kostengründen von privaten Bastlern auf Diesel umgerüstet und hinterlassen daher zumeist eine beeindruckende Rußwolke auf den Straßen Kubas. Doch die Gefahr einer echten Umweltbelastung kommt bislang nicht auf, denn dicht an dicht drängen sich die Autos nur in Havanna. Wegen der hohen Treibstoffpreise sind die meisten Autobahnen den Touristen als Spielwiese überlassen. So sind die hinreißenden Bilder von Oldtimern vor den verfallenden Häusern Havannas gleichzeitig auch Zeugnis eines für Kuba schwierigen Jahrhunderts und Zeichen einer Revolution, die es letztendlich verfehlt hat, ihren Bürgern Wohlstand und Freiheit zu bescheren.

Seit 2011 wird unter Fidels Bruder Raúl Castro der Handel von Gebrauchtwagen und der Erwerb Malecón - Havannavon Neuwagen schrittweise liberalisiert. Obwohl vielen Kubanern der Erwerb eines Kraftfahrzeuges somit wieder ermöglicht wird, wird man die Yank Tanks aufgrund der im internationalen Vergleich exorbitanten Preise von Neu- oder Gebrauchtwagen noch einige Zeit in den Straßen von Havanna bewundern können.

Literatur:

  • Bert Hoffman, Kuba, 3. Auflage, München 2009
  • Michael Zeuske, Kleine Geschichte Kubas, 3. Auflage, München 2007.

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